Kybernetische Exoparasiten

Der Begriff „kybernetische Exoparasiten“ aus dem folgenden Interview mit Matthias Burchardt (Akademischer Rat an der Universität Köln) war zu schön, um ihn nicht als Titel dieses Beitrags zu verwenden. —

»Gegen den Algorithmus kann es kein Aufbegehren geben« / Gespräch mit Matthias Burchardt. Über den digitalen Angriff auf die Schulen, asoziale soziale Netzwerke und die Morgendämmerung des Maschinenmenschen (junge Welt)

Source: www.jungewelt.de/m/artikel/297633.gegen-den-algorithmus-kann-es-kein-aufbegehren-geben.html

Wer Ihren Namen im Internet sucht, erfährt, dass Sie Monsterologe sind, also so etwas wie ein Monster-Experte. An dieser Stelle sollen Sie vornehmlich als Pädagoge und Bildungsforscher gefragt sein, der hierzulande als einer von ganz wenigen Wissenschaftlern vor den Gefahren der »digitalen Medien« warnt, insbesondere vor deren ungebremstem Vordringen in das Bildungssystem – von den Kitas über die Schulen bis hinein in die Hochschulen. Sehen Sie gleichwohl Berührungspunkte zwischen beiden Forschungsfeldern?

In der Tat nimmt die Präsenz der digitalen Endgeräte monströse Ausmaße an. Wenn Sie mit offenen Augen in der U- Bahn sitzen, sehen Sie um sich herum ruhiggestellte Menschen, die von kybernetischen Exoparasiten kontrolliert werden. Manche dieser Invasoren schießen ihre weißen Tentakel in die Ohren der Menschen, andere bannen den Blick ihrer Wirte mit einem hypnotischen Leuchten an eine glänzende Oberfläche. Sie lassen sich streicheln und schmiegen sich an die warmen Körper, dabei regulieren sie die Aufmerksamkeit der Besiedelten, steuern ihr Verhalten, und wenn sie Hunger haben, versorgt sie der Wirt mit neuer Energie. Doch diese digitalen Schmarotzer wollen mehr als nur Strom, ihr Appetit gilt dem Leben der Wirte. Und sie pflanzen sich fort: Eltern stecken ihre Kinder an. Die Kinderzimmer sind längst befallen, und Kitas, Schulen und Universitäten entpuppen sich als wahre Inkubatoren der digitalen Brut, die einst die Herrschaft über die Lande des Menschen übernehmen wird. Ansonsten sehe ich keinen Zusammenhang zwischen den Forschungsfeldern.

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